Liebe Leserinnen und Leser, liebe SVIN-Mitglieder und liebe MINT-Frauen

Zum 25-jährigen Bestehen unserer Vereinigung lassen wir 25 Mitglieder sprechen. In den Antworten auf unsere Fragen spiegelt sich die bunte Vielfalt unserer SVIN-Mitglieder. Sie zeigen nämlich die vielen Gründe auf, weshalb ein technisch-naturwissenschaftliches Wirkungsfeld gewählt wurde. Wir haben kritischen Aspekten Raum gegeben und interessierten uns für die Tipps, die rückblickend in Entscheidungsprozessen stärker beherzigt würden. Wir wünschen Dir/Ihnen eine spannende und inspirierende Lektüre und einen interessanten Besuch unserer Ausstellung «Ich bin Ingenieurin» mit den Porträts auf unserer Titelseite! ELISABETH BECK UND BRIGITTE MANZ-BRUNNER

Scarica la rivista in pdf

CRISTINA ZANINI BARZAGHI, BAUINGENIEURIN

Warum habe ich dieses Studium gewählt?
Ingenieurin zu werden, ist für mich eine logische Wahl gewesen: Physik und Mathematik sind mir immer leichtgefallen in der Schule, und meine Eltern haben mich in der Wahl unterstützt. Marie Curie war schon, als ich noch ein Kind war, eines meiner Vorbilder. Ich habe mich für das Bauingenieurwesen entschieden, weil ich eine grosse Vorliebe für Mechanik und Geologie habe und nach einer idealen Kombination zwischen theoretischer Wissenschaft und praxisbezogener Projektierung suchte. Später habe ich bemerkt, dass es ein sehr konkreter Beruf ist, der unser Leben direkt beeinflüssen kann, und es vielseitige Arbeitswelten gibt.

So habe ich den Start ins Berufsleben erlebt:
Das ETH-Studium und der Start ins Berufsleben sind für mich problemlos verlaufen. Die Tätigkeiten im Beruf haben mich von Beginn an begeistert: ein Tragwerk von A bis Z in Theorie und Praxis zu schaffen, fasziniert mich, aber auch der wichtige Aspekt des Teamworks gefällt mir. Besonders auf der Baustelle konnte ich viel Technisches und Menschliches von den Mitarbeitern lernen.

Würde ich heute wieder dasselbe Studium ergreifen? Was würde ich eventuell anders machen, oder worauf würde ich mehr achten?
Absolut, ja! Der Plan B wäre gewesen, Physik zu studieren und jetzt als Dozentin zu unterrichten. Nach dem ETH-Abschluss hatte die Familiengründung bei mir Priorität – das erschwerte es, eine akademische Karriere zu starten. Gerne hätte ich von meinen guten Noten profitiert und meinen Doktortitel gemacht. Trotzdem bin ich heute glücklich mit dem Weg, den ich gemacht habe. Ich bin eine verheiratete Frau mit wundervollen Kindern und habe gleichzeitig eine berufliche sowie eine politische Karriere geschafft.

Diesen Tipp würde ich meinem 18-jährigen Ich mit auf den Weg geben:
Ich empfehle, immer mutig und neugierig zu sein und bei der Berufswahl die eigenen Neigungen mit Leidenschaft und Einsatz zu verfolgen. Ohne das, ist das Leben schwierig und langweilig! Und bezüglich der MINT-Berufe: SVIN-Mitglieder treffen und kennenlernen. Vorbilder sind besonders bei jungen Frauen wichtig.

Was ich persönlich noch sagen möchte …
Im 19. Jahrhundert hat der ETH-Literaturprofessor Francesco de Sanctis gesagt, dass Ingenieur zuerst und vor allem Menschen sein müssen: «Prima di essere ingegneri, voi siete uomini.» Wir haben nicht nur einen Kopf, sondern auch ein Herz: Die Ingenieurberufe sind nicht so «hart», wie man denkt. Die kulturelle Förderung der Ingenieurskunst und die Kommunikationsfähigkeit werden mehr und mehr eine grosse Rolle im Beruf spielen. In diesem Sinn ist die Tatsache, Frau zu sein, sicher vorteilhaft.